Dienstag, 13. September 2016

Rezension: Hausbesuche - Wie ich mit 200 Kuchen meine Nachbarschaft eroberte



Titel: »Hausbesuche« von Stephanie Quitterer (erschienen im Knaus-Verlag)

Preis: 16,99€

Seitenzahl: 226

Bewertung: 5/5

Klappentext: Kennen Sie eigentlich Ihre Nachbarn?
Stephanie Quitterer backt Tag für Tag Kuchen und klingelt an fremden Wohnungstüren. Sie wettet, dass sie endlich ihre Nachbarn kennenlernt.
Ein ansteckendes Experiment mit 200 Kuchen und eine charmante Geschichte über Fremdwohnungssehnsucht, Nachbarschaft und Freundschaft. (Quelle: https://www.randomhouse.de/Paperback/Hausbesuche/Stephanie-Quitterer/Knaus/e484432.rhd)


Meinung:

Stephanie ist in Elternzeit, will in dieser Zeit aber nicht nur das Muttersein genießen, sondern auch persönlich vorwärts kommen. Sie backt also einen Kuchen nach dem anderen, nimmt sich immer wieder vor, damit endlich zu ihren Nachbarn zu gehen, aber letztendlich scheitert es doch immer an ihrer Scheu davor, auf fremde Menschen zuzugehen. Doch irgendwann überwindet sie sich und geht, mit Kaffeepulver, Tee und Kuchen im Gepäck in der Nachbarschaft klingen - bei völlig Fremden. Nach ein paar weniger erfolgreichen Versuchen, wird sie tatsächlich hineingelassen.

Und damit beginnt ein wunderschönes Projekt, das der Großstadt-Anonymität die Stirn bieten will. Stephanie fängt an, einen Blog darüber zu schreiben, wie sie sich in 200 Tagen bei 200 Fremden zu Kaffee und Kuchen einladen will.

Das Buch ist sehr schön aufgeteilt, jedes Kapitel beginnt mit einem kleinen Rezept, das sehr humorvoll beschrieben wird. Danach wird von einem Hausbesuch erzählt und darauf folgen meist noch ein paar abschließende Gedanken, Erzählungen aus dem Alltag und ab und zu auch noch eine kleine Statistik. Das Buch liest sich wirklich sehr leicht, es hat zwar keine wirklichen Höhepunkte, sondern plätschert eher gemütlich dahin, aber gerade das macht es so angenehm es zu lesen.

Man wird als Leser mit Vorurteilen und Schubladen-Denkweisen konfrontiert, die wir alle haben - obwohl die meisten von uns (und da schließe ich mich mit ein) sich eigentlich als tolerant und offen beschreiben würden. Aber das sind wir eben meist nur innerhalb unserer kleinen Komfortzone. Wenn wir jemanden sehen, den wir für »asozial« oder ähnliches halten, dann vergessen wir diese Toleranz und Offenheit gern sehr schnell. Und daraus ergibt sich bei vielen automatisch auch eine Angst davor, dass man von anderen Menschen ebenso kritisch betrachtet wird.


»Wenn ich will, dass andere von mir nichts denken, sollte ich vielleicht als Erstes anfangen, von ihnen nichts zu denken.« (Stephanie Quitterer, Hausbesuche, Seite 89)


Wir sollten viel öfter andere Menschen anlächeln, uns auf ein spontanes Gespräch einlassen und dabei einfach mal vergessen, dass wir so distanziert wie möglich wirken wollen, wenn wir in der Öffentlichkeit unterwegs sind. Und dafür sollten wir aufhören, Menschen nach dem ersten Eindruck zu beurteilen und sie zwanghaft in irgendeine Schublade einordnen zu wollen.
Das ist es, was dieses Buch dem Leser mitteilen möchte, jedoch kommt Stephanie Quitterer dabei vollkommen ohne den berühmten erhobenen Zeigefinger aus. Ich fühle mich, nachdem ich das Buch nun gelesen habe nicht belehrt, als hätte ich etwas Schreckliches getan und müsste nun dringend an mir arbeiten, ich habe einfach nur das Gefühl, einen sehr gut gemeinten Ratschlag mitgenommen zu haben, den ich mir sicher zu Herzen nehmen werde. Denn die Autorin macht immer wieder deutlich, wie schwer es auch ihr fällt, Menschen nicht zu beurteilen, sondern sie einfach nur unvoreingenommen kennenzulernen. Sich keine Meinung zu bilden, bevor sie überhaupt irgendwelche Fakten kennt. Sie erwischt sich häufig dabei, wie sie die Menschen, die ihr die Tür öffnen, kritisch betrachtet und sich bewusst dazu ermahnen muss, offener und »schubladenfrei« zu sein.


»Eine Übung: Jeder, den ich besuche, hat recht. Stepha beiseite. Versuchen, in fremde Schuhe zu schlüpfen - sieh an: Auch in ihnen kann man laufen.« (Stephanie Quitterer, Hausbesuche, Seite 100)


Hinzu kommt noch der sehr charmante und humorvolle Schreibstil, der mich voll und ganz überzeugt hat. Manchmal muss man einfach schmunzeln. Es ist aber trotzdem nicht übertrieben, es wirkt nicht, als hätte die Autorin versucht, unbedingt in jeden so-und-sovielten Satz einen Witz zu verpacken. Das Buch ist einfach sehr liebevoll geschrieben und nebenbei auch niedlich gestaltet, sowohl außen als auch innen. Ich hatte wirklich sehr viel Spaß dabei, es zu lesen und Stephanie Quitterer bei ihrem Projekt zu begleiten und ich habe nichts daran auszusetzen, wie man wahrscheinlich schon an der Bewertung erkannt hat. Ich kann das Buch wirklich uneingeschränkt jedem ans Herz legen!


»Möge das Leben so gut zu dir sein, dass du keine Schubladen brauchst.« (Stephanie Quitterer, Hausbesuche, Seite 204)


Und an dieser Stelle nochmal lieben Dank an den Knaus-Verlag beziehungsweise an die Verlagsgruppe Random House, die mir das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben!

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